Fehlende Sponsoren, wenig Medienpräsenz und dann noch hohe Kosten. Im Eishockey haben es Frauen schwerer. Das müsste nicht sein, findet eine junge Spielerin aus Bern.
Der Lohnunterschied im Eishockey ist erschreckend. Hier in der Schweiz verdienen Frauen gar nichts, Männer im Durchschnitt hingegen um die 500 000 Franken im Jahr", erzählt Dominique Scheurer über die Lohnverhältnisse in der Eishockey-Nationalliga A. Die Bernerin weiß, wovon sie spricht. Dominique Scheurer, die nach Zürich kam, da es in Bern keine Frauenmannschaft in der höchsten Spielklasse gibt, spielt bei den ZSC Lions Frauen in der Swiss Women's Hockey League. Begonnen mit diesem Sport hat sie bereits mit sechs Jahren. Einige Jahre lebte Scheurer in Kanada, um dort ihrer Passion, dem Eishockeyspielen, nachzugehen.
In einem rosafarbenen Pullover, grauen Trainingshosen und hochgebundenen Haaren sitzt sie am Holztisch in ihrer Zürcher Wohnung. Mit breitem berndeutschem Dialekt berichtet sie über die Chancenungleichheit der Geschlechter im Eishockey. "Unter Chancengleichheit verstehe ich, dass wir Frauen alle Möglichkeiten haben, welche Männer in dem Sport auch bekommen, stattdessen werden uns Steine in den Weg gelegt." Beispiele dafür sind die fehlenden Sponsoren, nicht vorhandene Präsenz in den Medien und die hohen Kosten für Eishockeyspielerinnen, da diese ihre Ausrüstung und Mitgliederbeiträge, anders als die Männern, selbst bezahlen müssen.
Die kühle Luft steigt vom Eis auf, Flaggen hängen an den Betonwänden der großen Eishalle Heuried, und die Stimme der Trainerin hallt durch den Raum. Hier in Zürich trainiert Scheurer im Winter zusammen mit ihrem Team dreimal wöchentlich. Das Gleiten der Schlittschuhe ist zu hören, während die Spielerinnen einige Runden auf dem Eisfeld drehen und dabei den Puck vor sich her führen.
Dann stellen sich Dominique Scheurer sowie eine weitere Stürmerin vor eines der beiden Goals und versuchen zusammen den Puck im Goal zu versenken. Eine Verteidigerin, die vor dem Goal steht, will dies verhindern. Weitere Übungen dieser Art folgen. Zum Schluss wird noch eine Runde gespielt. Das Team teilt sich auf, und es bilden sich Gruppen aus je fünf Frauen.
Nach einer Stunde und fünfzehn Minuten ist das gesamte Training vorbei. Es ist bereits nach 22 Uhr. "Das Training im Winter beginnt meist erst um 21 Uhr, da die Halle davor besetzt ist und das Frauentraining immer als Letztes an der Reihe ist", erklärt Scheurer. Ein normaler Tag der 24-Jährigen ist dementsprechend lang, denn nachdem sie tagsüber ihrer Arbeit als kaufmännische Angestellte in Zürich nachgegangen ist, hat sie spätabends noch Training. Im Sommer handelt es sich dabei um Krafttraining, im Winterhalbjahr um Eistraining. "Ich würde mir mehr Unterstützung vom Männerhockey wünschen und nicht, dass wir Frauen immer die letzte mögliche Zeit zum Trainieren bekommen", betont die 175 Zentimeter große, blonde Sportlerin.
Übertragungen eines Matches im Fernsehen, die Erwähnung in der Sportschau oder Berichte in der Zeitung über Fraueneishockey sind eine Rarität. Durch Medienpräsenz gäbe es mehr Interessenten und somit mehr Sponsoren sowie auch Zuschauer. "Wichtig ist aber auch, dass man Frauen- und Männereishockey nicht genau gleich anschaut. Die technische Basis ist gleich, jedoch sind Kraft und Schnelligkeit verschieden." Scheurers Meinung nach ist diese Differenzierung nötig, und es wäre wichtig, dass Zuschauer mehr auf Technik statt auf Kraft achten würden, denn dann seien Frauen-Matches genauso interessant.
Dass die Chancenungleichheit bereits bei den Kleinsten spürbar wird, hat Folgen für den sportlichen Nachwuchs. Junge Frauen und Mädchen müssen sich früh entscheiden, wie sie ihre schulische Laufbahn fortsetzen, denn anders als die jungen Männer können selbst die talentiertesten jungen Frauen in der Schweiz nicht vom Eishockeyspielen leben. Die Gelder, die ein Klub einnimmt, werden lieber in den männlichen Nachwuchs investiert. "Mein Umfeld hat mich aber immer mental wie auch finanziell unterstützt, denn was zählt, ist die Freude am Sport, und schließlich gibt es andere Dinge zu erreichen als Geld, beispielsweise die Teilnahme an den Olympischen Spielen", sagt die Spielerin lächelnd. Trotzdem wäre eine Entlohnung, laut der jungen Frau, äußerst nötig für die Gleichheit der Geschlechter im Eishockey.
In Kanada hat die Eishockeyspielerin die vergangenen fünf Jahre ihrer sportlichen Laufbahn verbracht. Für die Kanadier sei es normal, weibliche Eishockeyspielerinnen zu sehen. Die Besten können dort auch von ihrem Sport leben. "Ich spüre schon, dass Frauen, die Eishockey spielen, in der Schweiz manchmal nicht sehr ernst genommen werden. Wenn ich mit meiner Hockeytasche und meiner sonstigen Ausrüstung in Zürich unterwegs bin, kassiere ich öfters mal komische Blicke von Passanten."
Einen Rat, den Dominique Scheurer jedem kleinen Mädchen in diesem Sport mit auf den Weg geben will, ist, hart zu arbeiten, weiterhin daran zu glauben und dafür zu kämpfen, dass sich die Situation ändert. Vor allem aber nie die Freude am Eishockeyspielen zu verlieren. Dominique Scheurer, die bereits im Alter von zwei Jahren das erste Mal auf dem Eis stand, da sie wie ihr älterer Bruder auch Eishockey spielen wollte, liebt ihren Sport und hofft, dass die nächste Generation von Eishockeyspielerinnen keine Chancenungleichheit mehr verspürt.
Flavia Ritz.
Kantonsschule Zürcher Oberland, Wetzikon